Ist Ihr Architekt Ihr Bautreuhänder?

Die Leistungen, Pflichen und Anforderungen eines Archietkten, sind für Bauwillige oft schwer vorstellbar. Die Erfahrungen der Mitmenschen mit Architekten und mit Bauen sind unterschiedlich. Oft werden die Leistungen des Architekten auch verwechselt mit den Leistungen eines Generalunternehmers und die Erfahrungen sind nicht immer positiv.

Der SIA (Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein) hat die Pflichten und Rechten des Architekten und des Bauherren in der Norm SIA 102 definiert. Mit dieser Norm haben Bauherren die Möglichkeit die Leistungen des Architekten zu kontrollieren und zu vergleichen. Wichtig ist dabei, dass mit dem Architekten auch ein Vertrag basierend auf dieser SIA 102 vereinbart wird und die benötigten Leistungen dabei definiert werden.

Ein Studium dieser Norm ist jeden Bauherrn vor dem Abschluss eines Architektenvertrages zu empfehlen.

Ohne einer genauen Definition der bestellten und geforderten Leistungen weiss der Bauherren nicht, was er bekommt.

Der Architekt ist in der SIA Norm als Bautreuhänder des Bauherren definiert. Diese Aufgabe sollte er auch in vollem Umfang wahrnehmen.

Zusammenfassung: wichtigsten Leistungen des Architekten

Bei einem Umbau, Neubau, Anbau oder Sanierung können Leistungen anfallen, diese sind nachfolgend zusammengefasst.

Je nach Umfang des Bauprojektes ist der entsprechende Aufwand grösser oder kleiner.

Leistungen bis zum Baugesuch:

  • Bestehendes Gebäude aufnehmen (Raumeinteilung, Baukonstruktion, Gebäudestatik, Materialien, Haustechnik, Energieverbrauch und entsprechender Zustand) und dokumentieren in Form eines Berichtes und oder detaillierten Bauplänen
  • Ideen und Wünsche der Bauherrschaft aufnehmen und dokumentieren
  • Baurechtliche Rahmenbedingungen und Machbarkeit klären und dokumentieren (Kantonales- und Gemeinde-Baureglement, energetische Vorschriften, Brandschutzvorschriften, behindert gerechtes Bauen, Naturgefahren, Umweltschutz, Radonbelastungsgebiet, Lärmschutzvorschriften oder andere spezielle Vorkommnisse, Fördergelder für energetische Massnahmen)
  • Vorprojektideen entwickeln (zum Beispiel in Skizzenform oder bereits als Plan) und besprechen mit der Bauherrschaft. Neben der architektonischen, materiellen und farblichen Gestaltung sind sämtliche vorgängig geklärten Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
  • Bauprojekt mit Kostenschätzung erstellen (Projektpläne als Grundriss, Fassade und Schnitt) und besprechen mit der Bauherrschaft. Dabei sind bereits erste Details über die mögliche Konstruktion zu erstellen. Die architektonische Gestaltung wird in dieser Phase noch verfeinert und konkretisiert. Der Architekt kann in dieser Phase mit einem guten konstruktiven und architektonischen Entwurf die zukünftigen Bau- Unterhals- und Energiekosten beeinflussen.
  • Baueingabe erstellen, das heisst, Projektpläne weiter ausarbeiten und ergänzen, sowie nötige Baugesuchsformulare ausfüllen und mit weiteren Berechnungen und Beilagen ergänzen.
  • Energienachweis erstellen, eventuell ein GEAK Plus Beratungsbericht, und beantragen von Fördergelder. Diese Leistungen können je nach Kompetenz des Architekten auch durch einen externen Fachingenieur erbracht werden.

Leistungen bis zum Baustart:

  • Erarbeiten von Baukonstruktionsdetails unter Berücksichtigung der verschiedenen bautechnischen Vorgaben (Statik, Energie, Brandschutz und Materialwahl). Je nach dem müssen zusätzliche Leistungen durch einen Fachingenieur erbracht werden, welche nicht durch den Architekten abgedeckt werden können. Die richtige Wahl von Materialien und Konstruktionen hat erneut einen Einfluss auf die Baukosten. Ein detaillierter Beschrieb der Farben und Materialien ist die Grundlage für die weitere Planung und das Einholen von Offerten bei den Handwerkern.
  • Erstellen von detaillierten Ausführungs- und Detailplänen, nach welchen das Gebäude gebaut wird. In dieser Phase sind zudem andere Fachingenieure separat beizuziehen, welche die Gebäudestatik, Brandschutz, Energiemassnahmen, Haustechnikinstallationen, wie zum Beispiel Heizungsleitungen, Wasser- und Abwasserleitungen, Stromleitungen, etc. planen. Die Organisation dieser Fachplaner und die Koordination ist die Aufgabe des Architekten. Dieser Planungsschritt sollte vor Baubeginn komplett abgeschlossen sein
  • Offerten für die Bauausführung von einzelnen Unternehmer einholen, vergleichen und mit dem Bauherren besprechen. Damit die Offerten der einzelnen Unternehmer verglichen werden können, macht der Architekt für jede einzelne Arbeitsgattung (z.B. Zimmermann, Elektriker. Maurer, Fensterbauer, etc.) einen detaillierten Beschrieb, in welchem er die Menge, das Material, die Farbe, das optische Erscheinungsbild, etc. ganz genau, bis ins Detail beschreibt. So muss jeder Unternehmer das genau gleiche Produkt anbieten. Je besser diese Beschreibung des Architekten ist, desto besser können die Preise verglichen werden. Hier steckt ein grosses Einsparpotential dahinter. Dazu muss der Architekt in allen Arbeitsgattungen ein sehr hohes Fachwissen und oder Erfahrung aufweisen. Diese Arbeiten sollten idealerweise vor Baubeginn zu 90% abgeschlossen sein.
  • Der Baukostenvoranschlag stellt sich Idealerweise aus Offerten und detaillierten Berechnungen zusammen oder er wird aufgrund der Erfahrungen des Architekten zusammengestellt. Je mehr Offerten und detaillierte Berechnungen vorhanden sind, desto kleiner sind die zu erwartenden Kostenabweichungen beim Bauabschluss. Die Finanzierungsabklärungen sollten vor Baubeginn auf Basis des Kostenvoranschlages gemacht werden.

Leistungen in der Bauphase:

  • Während der Bauausführung hat die Bauleitung die Aufgabe die Termine und die Bauhandwerker zu koordiniert, instruieren und zu überwachen. Ein guter und störungsarmer Bauablauf kann nur gewährleistet werden, wenn die Basis der Planung (Ausführungs- und Detailpläne, Farb- und Materiakonzept), sowie die Offerten / Verträge mit den Handwerkern vor Baubeginn abgeschlossen sind. Änderungen in der Planungsphase sind mit kleinem Aufwand machbar, Änderungen in der Bauphase verursachen hohen Aufwand, Kosten und Terminverschiebungen.
  • Die Bauabnahme vor Baubezug zusammen mit der Bauherrschaft zeigt eventuelle Mängel auf, welche nachfolgend sofort bereinigt werden müssen. Je nach Umfang und Termindruck vor oder nach dem Einzug der Bauherrschaft.

Leistungen in der Bauphase:

  • Die Garantieabnahme des Gebäudes erfolgt vor Ablauf von 2 Jahren ab Bauabnahme durch den Architekten oder Bauleiter vor Ort. Offensichtliche Baumängel können bis dann beanstandet werden. Die Instandstellungsarbeiten werden durch den Architekten organisiert, koordiniert und kontrolliert.

Kann der Bauherr Leistungen des Architekten auch selber erbringen?

Bauherren haben ab und zu das Bedürfnis, Leistungen des Architekten selber zu erbringen. Sei es, indem selber Offerten eingeholt werden oder ein Teil der Bauleitung selber gemacht wird.

Das benötigte Fachwissen für solche Aufgaben wird oft unterschätzt, so dass unerfahrene Bauherren mit diesen Aufgaben bald überfordert sind.

Werden ohne Fachwissen und klaren, einheitlichen Vorgaben Offerten von Handwerkern eingeholt, so ist die Bandbreite der Angebote enorm und das vermeintliche supergünstige Angebot beinhaltet nur die halbe geforderte Leistung.

Offerten von Handwerkern sind teilweise günstiger, wenn die Leistungen durch einen Fachmann definiert werden und willkürliche Regiearbeiten auf der Baustelle sind unter der Kontrolle des Architekten ebenfalls kein Thema.

Eigenleistungen in der Planung, Offertwesen und Bauleitung müssen deshalb ganz gut überlegt sein.

Markus Haller

«20 Jahre Erfahrung zeigen, dass die Energie­ein­sparungen von energie­effizienten Gebäuden und Technik sensationell sind.»

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